GLAS-Boot Tour 2013
Im vergangenen September war es schon wieder 4 Jahre her, dass die holländischen GLAS-Freunde ihre GLAS-Boot-Tour veranstaltet hatten. Schon damals meinten alle Teilnehmer am Ende der Fahrt,
dass man dies unbedingt bald mal wiederholen müsste.
Und nun war es so weit: bei schönstem Wetter in Berlin mit offenem Verdeck gestartet, kämpften wir uns ab Braunschweig nur noch durch Regenschauer, und die zweite Wischerstufe hatte Gelegenheit, ihr Können unter Beweis zu stellen. Nach 7 Stunden waren wir froh, den Oosterdok im Hafen von Amsterdam zu erreichen. Dort erkannten wir „unser" Schiff sofort wieder, obwohl es zwischenzeitlich einen neuen Anstrich erhalten hatte.
Alle wieder an Bord
Einige waren schon da und es stellte sich heraus, dass wir uns nicht neu kennen lernen mussten, es waren bis auf zwei neu hinzugekommene Paare aus Berlin dieselben Teilnehmer wie 4 Jahre zuvor.
Die Gruppe bestand aus insgesamt nur 20 Personen, denn der umgebaute ehemalige Lastkahn „Jelmar" verfügt nur über zehn kleine, aber feine Kabinen, alle mit eigener Toilette und Dusche.
Unter Deck gibt es sonst noch den Tagesraum, der zum Frühstücken und Abendessen dient, und im Vorschiff die Küche und die Wohnung des Käptn.
Der erste Abend verging wie im Flug, nach dem Abendessen erfolgte der erste Angriff auf die Genever-Vorräte. Wenn das so weiterging, würde der Käptn nachordern müssen, und ich versuchte schon mal herauszufinden, wie ich mich ohne holländische Sprachkenntnisse in der Apotheke mit dem Wunsch nach Lebermedikamenten würde verständlich machen können.
Der Aufbruch
Am Sonntagmorgen saßen aber alle pünktlich beim Frühstück, und anschließend erfolgte der Start zur ersten Etappe. Jetzt stellte sich heraus, dass drei Teams in einer bedauerlichen Situation waren: sie hatten sich irgendwann bei der Wahl des Oldtimer-Hobbies für Modelle wie Mercedes /8, 230 SL und BMW 02-Cabrio entschieden und mussten in Ermangelung von GLAS-Fahrzeugen nun auf diese Fremdfabrikate zurückgreifen. Wir fühlten zwar mit ihnen, aber unser Mitleid hielt sich in Grenzen: es stehen schließlich GLAS-Autos ab und an zum Verkauf, man braucht nur zuzugreifen, um sich nicht mit Ersatzlösungen zufrieden geben zu müssen... ;-)
Die täglichen Touren führten uns meist über Deiche, Dämme und andere kleine Straßen, für die das Goggomobil unseres Schweizer Teilnehmers, auf eigener Achse angereist, eindeutig erste Wahl war. Auf den Wiesen und Weiden gab es eine Unzahl von Tieren aller Art zu sehen, so dass Bine in ihrem Element war, zumal auch in den Gärten und Häusern der Holländer kein Mangel an Viechern herrschte: hier trugen Hunde, Katzen und Kaninchen zu Bines Wohlbefinden bei.
Der Mittags-Stop fand an einer Mühle statt, die den frischen Wind ausnutzte und sich zügig drehte. Dabei trieb sie eine große, schräg in einer Rinne liegende Spirale an und förderte so Wasser aus tiefer liegenden Gräben in höhere. Das Prinzip ähnelte dem von Omas Fleischwolf.
Sturmwarnung
Am Montag stand eine Programmänderung an: wegen des starken Windes konnte unser Schiff nicht zum vorgesehenen Hafen fahren, und unsere Strecke musste etwas geändert werden. Der „Sturm" hatte zwar nur Windstärke 7, aber das hätte genügt, um vielleicht Wasser in die niedrig liegenden Kabinenfenster laufen zu lassen, was uns der Käptn nicht antun wollte. Die Streckenänderung bemerkten wir gar nicht, da ja hier ohnehin alles neu für uns war.
Ab auf die Insel
Für Dienstag stand ein Besuch der Insel „Texel" auf dem Programm. Schon am Vorabend besuchten uns Anneke und Niko, die dort leben, um uns auf den Tag vorzubereiten. Die Riesenfähre schluckte gierig unseren kleinen Konvoi und in weniger als einer halben Stunde fuhren wir auf das Eiland. Höhepunkt hier war natürlich die Besichtigung der Brauerei „Texels", die die nähere Umgebung mit immerhin sieben Sorten Bier versorgt.
Die kleine Bierfabrik
Unsere letzte Brauereibesichtigung fand bei Anheuser Busch in St. Louis an der Route 66 statt, und der Unterschied hätte natürlich nicht größer sein können: während dort in mehreren Riesengebäuden unaufhörlich die Abfüllmaschinen ratterten und unablässig Waggons und Trucks beladen wurden, herrschte hier vollkommene Ruhe, denn die kleine Abfüllanlage stand still. Sie läuft nur ab und zu, wenn einer der beiden kleinen Kupferkessel seinen leckeren Inhalt fertig gebraut hat. Die einzige Bewegung fand im Hof statt, wo drei Arbeiter gut gelaunt und gemächlich einen Transporter mit Bierfässern und -kartons beluden.
Geschmacklich brauchte sich die kleine Brauerei aber nicht hinter ihrem großen Konkurrenten zu verstecken, im Gegenteil: das amerikanische „Budweiser" kann dem „Texels" nicht das Wasser reichen.
Die Bierprobe
Zum Abschluß erhielt jeder Besucher eine kleine Bierprobe: einen Holzständer, bestückt mit vier Gläsern, die verschiedene frisch gezapfte Biersorten enthielten. Meine Bine, im Verzehr alkoholischer Getränke eher ungeübt, rief freudig: „Jaahhh!", als der Wirt zum Abschluss noch eine Runde Bockbier ausgeben wollte. Während sie zuvor einige Sorten kritisiert hatte, äußerte sie sich nach dem Genuß des 7,5 prozentigen, dunklen Gebräus: „Dasch Ledschde hadd mir eientlich am beschden geschmeggt." Für Nichttrinker: normales Bier hat meist knapp 5 %...
Der lange Weg zum Käse
Am nächsten Morgen hatte sich der Wind gelegt und wir fuhren wieder „nach Plan". Es galt, den 29 km langen „Abschlussdeich", der das Wattenmeer vom Ijsselmeer trennt, zu überqueren. Er wurde von 1927 - ´32 erbaut und trägt auf seiner Krone eine 4-spurige Autobahn sowie Geh- und Radwege. Unser Ziel war eine Käserei, in der wir nicht nur die Herstellung verschiedener Käsesorten erklärt bekamen, sondern diese auch gleich anschließend kosten und kaufen konnten. Beim Aufbruch hatten alle gut gefüllte Beutel mit Gouda und Co. dabei.
Erste Panne nach Chorgesang
Der Donnerstag begann mit einem Ständchen für unseren Käptn: er hatte Geburtstag und bekam beim Frühstück eine Kiste vom besten „Texels"-Bier überreicht, begleitet von einem 20-stimmigen „Happy Birthday"-Chor. Unser Aufbruch verzögerte sich dann durch die erste (und einzige) Panne der Tour: am Goggo riss beim Start das Kupplunggsseil und musste, weil kein Neuteil verfügbar war, provisorisch instand gesetzt werden. Ein in der Nähe ansässiger Schiffsausrüster hatte ein Stück Bowdenzug nebst Drahtseilklemmen vorrätig, und nach einiger Zeit, die uns die Frauen mit netten Tanzeinlagen verkürzte, konnten wir endlich aufbrechen.
Ein besonderes Museum
Der Weg führte uns zum einzigen ausländischen Auto-Union-Museum, das werksseitig anerkannt ist. Es liegt in Bergen und beherbergt eine kleine, aber exklusive Sammlung, die man unter
http://www.autounionmuseum.nl/Willkommen.html
anschauen kann. Jährlich wird vom Werk ein besonderes Exponat als Leihgabe nach Bergen geschickt, bei unserem Besuch stand das orig. Siegerfahrzeug des 24-Stunden-Rennens von Le Mans dort.
Wir beendeten den Tag mit einem Umtrunk in der netten Innenstadt von Alkmaar.
Bummel durch Amsterdam
Viel zu schnell war die Woche vergangen, heute stand schon die letzte Etappe zurück nach Amsterdam bevor. Beim Eintreffen lag unser Schiff schon wieder an seinem Stammplatz und wir machten uns auf, Amsterdam zu erkunden. Die enge, gemütliche Innenstadt mit ihrer einzigartigen Bauweise und den zahlreichen Grachten zieht ständig Touristen aus aller Welt an, und so kämpften sich trotz gelegentlichen Nieselregens Fußgänger und Radfahrer gemeinsam durch die Gassen, wo jedes zweite Haus eine gemütliche Kneipe beherbergt und in einem bestimmten Viertel die Schaufenster prall mit Puppen gefüllt sind (lebendigen übrigens, und meines Wissens die einzige Ware, die zwar käuflich ist, die man jedoch nicht mitnehmen darf ;-)
Abschied
Nach dem letzten gemeinsamen Frühstück hieß es dann Abschied nehmen, und Ruda und Jef kündigten an, darüber nachzudenken, in zwei Jahren erneut eine solche Tour zu organisieren. Es lohnt, sich schon jetzt vormerken zu lassen: zwar wollen alle Teilnehmer wiederkommen, aber der Eine oder Andere könnte ja doch verhindert sein, und wer dann oben auf der Liste steht, kann vielleicht aufrücken...
Bernhard Bergmann
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