Vorgeschichte:
Ich hatte Jean-Yves Le Lan zufällig Ende der 70er Jahre in Lorient/Bretagne getroffen. Damals war ich mit meinem GLAS 1300 GT im Hafengebiet von Lorient unterwegs. Mit Freunden besichtigte ich die Hafenanlagen. Auf einer Schiffswerft arbeitete Jean-Yves Le Lan an seinem Segelboot. Er war sehr überrascht über mein Fahrzeug, erzählte von seinen Erlebnissen in Zaire und überreichte mir zur Erinnerung ein Foto von seinem GLAS 1300 GT.
Im September 2005 habe ich ihn nach fast 30 Jahren auf einer Feier bei Lorient wieder getroffen, Wir erinnerten uns an die alten GLASzeiten und ich regte ihn an, einen Artikel für die Clubnachrichten zu schreiben.
Klaus Rübsaamen
Im Jahre 1972 war ich in Zaire in der Stadt Kinshasa (früher Belgisch Kongo). Ich leistete dort meinen Militärdienst im Marinebereich in der Ecole du Chantier naval de l´O.N.A.T.R.A. (Office National des Transports). Ich wohnte in einem kleinen Haus einige Kilometer von meinem Arbeitsplatz entfernt. Um meinen Außendienst zu ermöglichen, wurde in den ersten Wochen meines Aufenthalts mir und meinem Kollegen ein Renault 4 L von der Dienststelle zur Verfügung gestellt. Später kaufte ich mit meinem Kollegen einen Citroen 2 CV. Dieser Wagen war den Straßenverhältnissen in Zaire besser angepasst. Da aber unsere Freizeitaktivitäten nicht immer unter einen Nenner zu bringen waren, entschlossen wir uns einen weiteren Wagen zu kaufen, was mehr Unabhängigkeit für uns versprach. Nun gut, wir suchten einen weiteren 2 CV, aber den gewünschten Wagentyp konnten wir im Land nicht finden. Durch Vermittlung eines Freunds, hörten wir von einer Person, die das Land zu verlassen beabsichtigte, und einen sehr schönen Wagen preiswert zum Verkauf anbot. Wir schauten uns den Wagen an und der Wagen war wirklich sehr schön!
Es war ein Sportwagen in einem schönen "Blau" und einem strahlenden Chromglanz. " Ein GLAS 1300 GT" - ich glaube, dass dieser Wagen einmalig in Zaire war! Wir öffneten die Motorhaube und hatten den Blick auf eine sehr schöne Maschine mit zwei Vergasern für die Benzinzufuhr, die wesentlich komplizierter war als der Motor des 2CV.
Der Preis war günstig. Wir haben den Wagen gekauft, ohne groß nachzudenken wie sich der Wagen auf dem afrikanischen Boden einsetzen lässt. Die erste Ausfahrt war ein Erfolg, wir befuhren die einzig geteerte Straße außerhalb der Stadt, die in gutem Zustand war. Auf der zwanzig Kilometer langen Straße zum Flughafen konnten wir den Wagen auf Geschwindigkeit bringen. Wir erreichten eine Geschwindigkeit von 170 Km/h auf der einzigen Straße von Zaire, die solche Geschwindigkeiten zuließ . Der Motor lief wie ein Uhrwerk. Ungeachtet der Beschaffenheit der Straßen, die großen Schlaglöcher umfuhren wir, konnten wir uns in der Stadt problemlos bewegen.
Aber eines Tages bekam ich die unglückliche Idee, einen unbefestigten Weg zu befahren, um an das Ufer eines Sees zu gelangen. Ich hatte mich auf einen trockenen aber sehr sandigen Weg eingelassen. Schnell bekam ich die Quittung, der Motor lief nicht mehr rund und ich war zum Anhalten gezwungen. Ich öffnete die Motorhaube und sah, dass der ganze Motor, besonders die Vergaser von Sand bedeckt waren. Ich machte sofort eine Kehrtwendung und es gelang mir mühevoll, von vielen Aussetzern begleitet, nach Hause zu kommen. Am nächsten Tag habe ich den Wagen in eine Autowerkstatt gebracht. Der Mechaniker entstaubte die ganze Motoreinheit und stellte den Vergaser ein. Er gab mir den letzten Rat solche sandigen Wege nicht mehr zu befahren. Welche Enttäuschung, ich hatte einen Wagen, den ich praktisch nicht nutzen konnte, denn es gab nur wenige Fahrtkilometer geteerte Straßen im Lande, die in einem guten Zustand waren.
Ich war aber noch nicht am Ende meiner Ernüchterung mit dem Wagen. Einige Tage nach meinem Abenteuer auf dem Sandweg war der Wagen vor meinem Haus geparkt. Als ich morgens losfahren wollte, stellte ich fest, dass man mir das Reserverad gestohlen hatte. Ich hatte mich nach Ersatz erkundigt, doch es war kein Reserverad im Land zu bekommen. Es gab nur die Möglichkeit ein Ersatzrad in Europa mit hohen Kosten und langer Lieferzeit zu beschaffen. Die Wagennutzung ohne Reserverad bei dem Zustand der Straßen war mit einem hohen Risiko verbunden. Das Reserverad war unentbehrlich!
Nach mehreren Tagen Nachdenken, entschlossen sich mein Freud und ich einen Flohmarkt zu besuchen, wo Straßenhändler ihre Autoersatzteile anboten. Da die meisten angebotenen Teile gestohlen waren, nahmen wir an, dass wir unser einzigartiges Teil dort wiederfinden konnten . In der Tat, nachdem wir einige Ausstellungsstücke gesehen hatten, entdeckten wir unser Reserverad. Nach einer heftigen Diskussion mit dem Anbieter, wollte dieser den Diebstahl nicht eingestehen. Wir ließen uns nicht von dem Händler einschüchtern und nahmen einfach unser Reserverad unter Flüchen des Händlers an uns und fuhren mit dem 2 CV davon.
Nach diesem Missgeschick unternahmen wir mit dem Wagen nur kleinere Fahrten bei mäßiger Geschwindigkeit. Der Wagen war sehr schön und in bestem Zustand, war aber für Afrika nicht geeignet. Ohne Ende gab es Kummer mit der Vergasereinstellung.
Als unser Aufenthalt zu Ende ging, hatten wir versucht den Wagen zu verkaufen, aber wir konnten keinen Käufer finden. Je mehr der Tag der Abreise nahte, um so mehr reduzierten wir unser Preisangebot. Doch o weh, es war kein Käufer zu finden! Im Endeffekt blieb der Wagen unverkäuflich. Wir haben den Wagen schließlich einem Kameraden anvertraut, der vor Ort blieb, aber auch er konnte den Wagen nicht verkaufen! Niemand wollte unseren schönen Sportwagen haben. Ich weiß nicht, was aus ihm geworden ist!
Jean-Yves Le Lan